Quantil-Prognose (2012)

Quantil-Prognosen stellen im Zusammenhang mit dem Bestand eine deutliche Verbesserung gegenüber klassischen Prognosen dar. Die probabilistische Vorhersage übertrifft jedoch die Quantil-Prognose bei weitem.


Wage im Ungleichgewicht für Bestandsoptimierung
Die wohl bekannteste Prognose ist die Durchschnittsprognose, bei der die entsprechenden Gewichtungen von Über- und Unter-Prognosen absolut ausgeglichen werden. Hochgerechnete Temperaturen für den nächsten Tag sind ein typisches Beispiel für eine Durchschnittsprognose. Quantil-Prognosen sind anders: Es wird absichtlich eine Verzerrung eingeführt, um die Wahrscheinlichkeit von Über- und Unterprognosen zu beeinflussen. Quantile stellen für viele Branchen, wie im Einzelhandel, Großhandel und in der Herstellung, eine drastische Verbesserung der klassischen Prognose dar. Im März 2012 war Lokad der erste Softwareanbieter, der Quantil-Prognosen für die Industrie im Portfolio anbot. Auf dieser Seite erläutern wir die Bedeutung von Quantil-Prognosen und inwiefern sie sich von der klassischen Prognoseform unterscheiden.

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Bestandsführung mit Quantilen für Ersatzteile

In Märkten, auf denen für Anlagenbauer und Einzelhändler ein extremer Wettbewerb herrscht, rückt die Leistung eines hohen Service-Levels für den bestehenden Kundenstamm in den strategischen Fokus vieler Unternehmen. Dennoch stellt die effiziente Führung eines Ersatzteilebestands aufgrund der Größe und des unregelmäßigen Bedarfs eine große Herausforderung dar. In diesem Whitepaper werden die Herausforderungen und der aktuelle Stand der Technik für Ersatzteilplanung erörtert, sowie die Quantil-Prognose als neuer Ansatz zur Bewältigung des Problems vorgestellt.

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Vorwort

Der Terminus Quantil-Prognose mag kompliziert klingen und mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit haben Sie, sofern Sie über keine Fachkenntnisse im Bereich Statistik verfügen, diesen Begriff noch nie gehört. Quantil-Prognosen werden jedoch, ohne als solche benannt zu werden, regelmäßig im Einzelhandel und in der Herstellung angewandt. Beispielsweise stimmt die Festlegung eines Reorder-Points für Ihren Lagerbestand mit der Erstellung einer Quantil-Prognose der Nachfrage überein. Trotz der radikalen Folgen von Quantil-Prognosen für Einzelhandel und Herstellung, wurde Quantilen bisher nur wenig Aufmerksamkeit auf dem Markt geschenkt. Die einfachste Erklärung hierfür ist, dass die Unterstützung von Quantil-Prognosen seitens der Software-Industrie so gut wie nicht vorhanden war. Mit Lokad gibt es jedoch keinen Grund mehr, einen so wichtigen Bestandteil der Technologie nicht zu nutzen.


Wofür werden Bedarfsprognosen benötigt?

Um zu verstehen, warum Quantil-Prognosen für einen Einzelhändler oder einen Hersteller überhaupt von Nutzen sind, müssen wir auf die Frage zurückgehen, warum Prognosen überhaupt erforderlich sind. Bedarfsprognosen sind essentiell, um den richtigen Umfang an Ressourcen zu gewährleisten – Lagerbestand, Personal oder Bargeld –, der zur richtigen Zeit zur Verfügung steht. Die Erfüllung der Nachfrage mit der richtigen Menge an Ressourcen stellt generell ein sehr asymmetrisches Problem dar: die Kosten einer übermäßigen Zuordnung von Ressourcen (eine sogenannte Überprognose) können sich extrem von den Kosten einer unzureichende Zuordnung von Ressourcen (eine sogenannte Unterprognose) unterscheiden.

Beispielsweise:

  • Lebensmittel-Einzelhändler versuchen generell einen Service-Level von 95 % oder höher zu erreichen (d. h. sehr häufige Fehlbestände). In diesem Kontext wird geschätzt, dass die Grenzkosten eines Fehlbestands die Grenzkosten einer zusätzlichen Lagereinheit enorm übersteigen.
  • Automobilhersteller stehen unter zunehmendem Druck, ihre Produktionskosten zu senken. Aus diesem Grund entscheiden sich einige Hersteller für eine Null-Lagerbestand-Strategie und somit eine sofortige Verfügbarkeit von null, bei der Autos erst nach dem Kauf hergestellt werden. In diesem Fall wird geschätzt, dass die Grenzkosten des Lagerbestands die Kosten für die nicht sofortige Verfügbarkeit übersteigen. Aus diesem Grund ist es für Unternehmen im Allgemeinen nicht rentabel deren Ressourcen auf Basis einer rohen, durchschnittlichen Bedarfsprognose zu verteilen, da eine Zuteilung auf wenige Ressourcen 50 % der Zeit eine schlechte Entscheidung ist, die der Realität des Geschäfts nicht entspricht.
    Deshalb führen Unternehmen absichtlich eine Verzerrung in deren Ressourcen-Verteilung ein, um die unternehmensspezifische Asymmetrie darzustellen, die in ihrem Sektor vorhanden ist. So ist der Grundgedanke einer Quantil-Prognose ein besserer Umgang mit dieser Asymmetrie.

Definition: Eine Quantil-Prognose, (τ, λ) bei der τ (Tau) die Zielwahrscheinlichkeit ist und bei der λ (Lambda) der Horizont in Tagen ist, repräsentiert eine Bedarfsprognose über die nächsten λ Tage, mit einer Wahrscheinlichkeit, dass τ, höher als die Zukunftsprognose ist (daraus ergibt sich eine Wahrscheinlichkeit, dass 1-τ niedriger als die Zukunftsprognose ist).


Extrapolierte Quantile und wann sie nicht funktionieren

Quantil-Prognosen sind bereits seit Jahrzehnten bekannt. Die Einführung eines nativen Quantil-Prognose-Modells wird jedoch häufig und richtigerweise als komplizierter betrachtet als die Einführung eines Durchschnittsprognosemodells. Aus diesem Grund bieten die meisten Prognose-Software-Anbieter (*) ausschließlich Durchschnittsprognosen an.

(*) Unserer Kenntnis nach, ist Lokad seit März 2012 der erste Anbieter einer nativen, industrietauglichen, generischen Quantil-Prognosetechnologie. In akademischen Kreisen sind Forschungsprototypen für Quantilregression jedoch bereits seit mehreren Jahrzehnten vorhanden.

Da die Unternehmen jedoch Quantil-Prognosen benötigen, nutzen sie in der Regel einen Extrapolations-Workaround zur Erstellung ihrer Quantil-Prognosen. In der Praxis besteht dieser Ansatz aus der Annahme, dass die Nachfrage normalverteilt ist, und dem Hinzufügen eines korrigierenden Sicherheitsbegriffs. Der klassische Ansatz mit Sicherheitsbestand folgt beispielsweise diesem Muster.


Extrapolierende Quantile sind klassische (Durchschnitts-)Prognosen, die anhand einer extrapolierenden Methode zu Quantil-Prognosen werden. Der Begriff steht für das Gegenteil von nativen Quantilen, bei denen das statistische Modell die Quantile direkt erstellt. Die Extrapolation hängt nicht von den Eingangsdaten, sondern hauptsächlich von einer A-priori-Verteilung ab. Diese Verteilung, in der Regel die Normalverteilung, ist gewöhnlich das schwächste Glied des Extrapolationsprozesses, da sie von der Realität abweicht.


Leider bietet die Extrapolation in 3 häufigen Kontexten deutliche Nachteile:

  • Hohe Quantile (d. h. hoher Service-Level)
  • Sporadische Nachfrage
  • Nachfragenspitzen (Großbestellungen)
In diesen Fällen haben wir festgestellt, dass native Quantil-Prognosen die besten extrapolierenden Quantil-Prognose um mindestens 20 % übertreffen. Der Vergleich entsteht durch Nutzung der entsprechenden Quantil- und klassischen Prognosetechnologien von Lokad, von denen man weiß, dass sie im Vergleich zu Konkurrenzprodukten meist überlegen sind.


Hohe Quantile (d. h. hoher Service-Level)

hohe Quantile für Software zur Bestandsoptimierung
Die Annahme, dass aus Prognosen entstehende Fehler normalverteilt sind, ist gewöhnlich ein Vorteil für Quantile, die nahe am Durchschnitt oder Medianwert liegen. Die Qualität der Approximation nimmt jedoch ab, während der angestrebte Prozentsatz steigt. Für hohe angestrebte Prozentsätze – gewöhnlich alle Werte über 90 % – konnten wir feststellen, dass die Extrapolation an sich häufig zum schwächsten Glied der Prognose wird. Für solche Fälle sind native Quantile besser geeignet.



Sporadische Nachfrage

sporadische Quantile für Software zu Bestandsoptimierung
Die Extrapolation versucht einen gleichmäßigen Kurvenverlauf auf die zukünftige Nachfrage zu übertragen, um Unsicherheiten darzustellen. Ist die Nachfrage jedoch sporadisch oder gering, ist die Nachfrage alles andere als gleichmäßig: für jeden Zeitraum (Woche, Monat) variiert die Anzahl der verkauften Einheiten (d. h. die erkennbare Nachfrage), beispielsweise zwischen 0 und 5. Bisher wurden viele Durchschnittsprognose-Modelle entworfen, um eine geringe Nachfrage besser erfassen zu können. Aus der Perspektive der Quantile wird jedoch ein grundlegendes Problem klar, nämlich, dass bei geringer Nachfrage, eine Durchschnittsprognose nicht in eine genaue Quantil-Prognose hochgerechnet werden kann. Ganz im Gegenteil, native Quantil-Prognosen passen sich genau an kleine ganzzahlige Muster der Nachfrage an.


Spitzennachfrage (Großbestellungen)

spitze Quantile für Software zur Bestandsoptimierung
Liegen Großbestellungen vor, tendiert die historische Nachfragekurve zu einer spitzen Form. Diese Form spiegelt wider, dass nur wenige Bestellungen einen wesentlichen Prozentsatz der gesamten Nachfrage ausmachen. Im Gegenteil zur sporadischen Nachfrage, ist die Nachfrage nie Null. Das grundlegende Problem ist hier nicht die Nachfrage über Integralwerte, sondern, dass Durchschnittsprognosen keine präzisen Vorhersage bezüglich dieser Spitzen erstellen. Vereinfacht ausgedrückt gibt es zwei Ansätze zum Umgang mit diesen Spitzen:


  • Verwerfen, wenn sich das Unternehmen dazu entscheiden, es lohnt sich nicht, die Ressourcen vorab zuzuordnen.
  • Im Voraus verteilte Ressourcen anpassen, um mit diesen – bzw. zumindest einem Bruchteil der Erhöhungen – umzugehen.
In beiden Fällen sind Durchschnittsprognosen unzureichend: extrapolierende Quantile sind zu niedrig um Spitzen zu erfassen, während die Ressourcen gleichzeitig überschätzt werden, um die Nachfrage bei Abwesenheit von Spitzen zu decken. Native Quantil-Prognosen behandeln Spitzen auf eine direktere und präzisere Art und Weise.

Native Quantil-Prognosen von Lokad

Dieser Artikel ist überholt. Unsere Prognose-Engines der neuesten Generation arbeiten nicht mehr mit Quantil-Prognosen. Weitere Informationen finden Sie auf unseren aktuellen Technologieseiten.

Lokad bietet einen voll automatischen Online-Dienst, der Zeitreihen als Eingangsdaten nutzt und native Quantil-Prognosen erstellt, bei denen jedes Quantil dem jeweiligen Horizont und angestrebten Prozentsatz entspricht (bzw. Durchlaufzeit und Service-Level im Fall der Lagerbestandsoptimierung). Extrapolation ist hier nicht erforderlich. Die Methode der Quantil-Prognose erfordert keinerlei statistische Fachkenntnisse. In der Praxis verwenden die meisten Unternehmen unsere Webanwendung Reorder-Points zu erhalten. Der Reorder-Point ist in diesem Fall eine für den Lagerbestand spezifische Quantil-Prognose. Für jede Zeitreihe bietet die Quantil-Prognose einen einzigen Datenpunkt. Im Gegensatz zu Durchschnittsprognosen, werden Quantil-Prognosen generell nicht als Kurve dargestellt, die sich mit der Zeit entwickelt und die historische Kurve in die Zukunft ausdehnt. Quantil-Prognosen verhalten sich statistisch gesehen anders. Zugrundeliegende Nachfragemuster sind jedoch gleich: Trend, Saisonalität, Produktlebenszyklus, Werbeaktionen ... Alle von unserer klassischen Prognosetechnologie unterstützten Muster werden ebenso von unserer Quantil-Prognosetechnologie unterstützt.

Klassische (Durchschnitts-)Prognosen vs. Quantil-Prognosen

Aus mathematischer Sicht stellen Quantil-Prognosen eine Verallgemeinerung der klassischen Prognosemethode dar. Aus praktischer Sicht, sind Quantil-Prognosen generell gesehen in den meisten Unternehmenssituationen, in denen die mit Über- und Unterschätzungen der Nachfragen assoziierten Risiken nicht symmetrisch sind, überlegen (genauer).
Quantil-Prognosen sind jedoch zudem undurchsichtiger und weniger intuitiv. Deshalb sind klassische Prognosen weiterhin ein essentielles Tool für Manager, um einen intuitiveren Überblick über die Entwicklung des Unternehmens zu behalten.
Wir möchten die klassische Prognose keinesfalls abwerten. Tatsächlich profitieren wir in unserer F&E für unsere Prognosetechnologie von beiden Prognosetypen. Quantil-Prognosen ermöglichen uns, unser Verständnis vom statistischen Verhalten der Nachfrage zu verbessern. Unsere Top-Priorität bleibt weiterhin genauere Prognosen anbieten zu können.


Verzerrung der Fehlbestände bei Quantil-Prognosen

Fehlbestände schaden nicht nur Unternehmen, weil sie die Bindung der Kunden, die nicht bedient werden können, beeinträchtigen, sondern sie führen auch zu einer Verzerrung bei der Beobachtung der historischen Nachfrage. Durch Fehlbestände wird ein Absatz von null einer Nachfrage von null gleichgesetzt. Salescast ist diesem Problem gegenüber nicht immun. Bei richtiger Anwendung kann es jedoch extrem widerstandsfähig dagegen gemacht werden.

Die Quantil-Prognosen sind nicht wie die klassischen Durchschnittsprognosen von Fehlbeständen betroffen.


Auswirkungen von Fehlbeständen auf klassische Prognosen

Eine Prognose im klassischen Sinne (Median) stellt eine Vorhersage für die Zukunft dar, die mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 % über oder unter dem künftigen Bedarf liegt. Wenn Fehlbestände beobachtet werden, kommt es in den historischen Aufzeichnungen zu einer Verzerrung nach unten, da die nicht befriedigte Nachfrage normalerweise nicht berücksichtigt wird.

Folglich weisen auch Prognosen, die auf den historischen Daten basieren, ebenfalls eine Tendenz nach unten auf, was zu weiteren Fehlbeständen führt.

Im Extremfall, wenn kein Mindestbestand definiert ist, kann die Wiederauffüllung zu einem starren Bestandsstatus konvergieren, bei dem keine weiteren Verkäufe erfasst werden, weil kein Bestand vorhanden ist, und bei dem kein Bestand mehr nachbestellt wird. Schlimmer noch, in dieser Situation sind die Vorhersagen zu 100 % korrekt: Die Vorhersage liegt bei null und der Absatz liegt ebenfalls bei null.

Fallstricke bei der Integration von Daten zu Fehlbeständen

Um die Verzerrung durch Fehlbestände zu korrigieren, sollten die Fehlbestände berücksichtigt werden. Dies kann über eine Sammlung detaillierter historischer Aufzeichnungen über alle vergangenen und aktuellen Fehlbestände geschehen. Dieser Gedanke ist zwar verlockend, dennoch müssen wir feststellen, dass dieser Ansatz in der Praxis ziemlich aufwändig ist.

  • Die meisten Unternehmen erfassen die Fehlbestände nicht genau. Es reicht nicht aus, einige Daten zu den Fehlbeständen zu haben, die Daten müssen umfangreich und genau sein, um die Nachfrageprognosen verbessern zu können.
  • Fehlbestände sind (hoffentlich) relativ selten und treten in den meisten Unternehmen unter 10 % der Zeit auf. Folglich ist ein erhebliches Geschäftsvolumen erforderlich, um genügend Daten für eine solide statistische Analyse der Fehlbestände zu sammeln.
  • Die Auswirkungen von Fehlbeständen sind komplex. Sind Ersatzprodukte vorhanden, führen Fehlbestände zu Kannibalisierung (bei den nicht verfügbaren Artikeln). Zusätzlich führen sie auch dazu, dass einige Kunden ihre Nachfrage aufschieben, was irgendwann zu einem Nachfrageschub führt, wenn die Artikel wieder verfügbar sind.

Quantile als verzerrungsresistente Prognosen

Quantil-Prognosen stellen hingegen eine viel effizientere und schlankere Alternative dar, um den Großteil der durch Fehlbestände verursachten Verzerrungen abzufedern. Kurz erklärt werden Quantile zur Berechnung von Reorder-Points als nativ verzerrte Prognosen verwendet. Ein Meldebestand (Reorder-Point), der mit einem Service-Level von 95 % berechnet wird, ist beispielsweise eine Schätzung, die in 95 % der Fälle knapp über dem Bedarf liegen soll (nur in 5 % der Fälle droht ein Fehlbestand).

Quantil-Prognosen verhalten sich bei hohen Service-Levels – in der Praxis über 90 % – ganz anders als klassische Prognosen. Um eine 95 % Quantil-Prognose zu berechnen, konzentriert sich die Analyse auf die 5 % der Nachfrage mit den extremsten Schwankungen. Es ist zwar möglich, dass die Fehlbestände in der Vergangenheit so hoch waren, dass selbst die höchsten 5 % des jemals beobachteten Umsatzes nur einen Bruchteil der „üblichen“ Nachfrage ausmachen, dies ist in der Praxis jedoch normalerweise nicht der Fall. Selbst bei erheblichen Fehlbeständen ist der höchste Punkt der Nachfrage in der Vergangenheit in der Regel höher als die durchschnittliche Nachfrage.

Infolgedessen geraten Quantil-Prognosen fast nie in den Teufelskreis, in dem Fehlbestände eine so starke Verzerrung einführen, dass wiederum verzerrte Prognosen das Problem der Fehlbestände noch weiter verschärfen. Vielmehr haben wir festgestellt, dass Quantil-Prognosen bei der großen Mehrheit unserer Kunden zu einem positiven Ergebnis führen, bei dem die Quantile, die gegen Verzerrungen widerstandsfähiger sind, sofort die Häufigkeit von Fehlbeständen verringern und so das Service-Level wieder unter Kontrolle bringen. Nach einer gewissen Zeit nähert sich die Häufigkeit von Fehlbeständen dem festgelegten gewünschten Service-Level an.

Wahl des Service-Levels

Bei der Verwendung von Quantil-Prognosen wird der Meldebestand in Abhängigkeit der erwarteten Nachfrage, der Durchlaufzeit und des Service-Levels berechnet. Die Meldebestandsmenge errechnet sich aus dem Meldebestand abzüglich des Lagerbestands und des Bestellbestands. Das Service-Level stellt die gewünschte Wahrscheinlichkeit dar, dass es nicht zu einem Fehlbestand kommt. Im folgenden Artikel bieten wir eine kurze Einführung in das Thema und eine Anleitung zur Festlegung angemessener Service-Levels.

Die implizite Annahme dieser Aussage: Es ist nicht wirtschaftlich, eine Bestellung immer aus dem Lagerbestand bedienen zu können. Die Festlegung des richtigen Service-Levels für ein bestimmtes Produkt ist im Wesentlichen ein Abwägen zwischen Bestandskosten und den Kosten eines Fehlbestands. Das Service-Level ist daher eine wichtige Variable für die Berechnung eines angemessenen Sicherheitsbestands: je höher das gewünschte Service-Level, desto mehr Sicherheitsbestand muss gehalten werden.

Leider sind die Kostenfunktionen, die das Problem beschreiben, äußerst unternehmensspezifisch. Während sich die Bestandskosten oft recht einfach bestimmen lassen, ist die Ermittlung der Kosten von Fehlbeständen wesentlich komplizierter. Ein Kunde, der das Produkt im Geschäft nicht findet, kann entweder eine im Geschäft vorhandene Alternative wählen, den Kauf auf einen späteren Zeitpunkt verschieben oder bei der Konkurrenz kaufen. Im Lebensmitteleinzelhandel ist beispielsweise bekannt, dass beim Fehlen bestimmter grundlegender Produkte, die Kunden den Laden verlassen und zur Konkurrenz gehen.

Wie dieses Beispiel verdeutlicht, sind die damit verbundenen Kostenfunktionen nicht nur geschäfts-, sondern auch produktspezifisch. Wenn man bedenkt, dass die meisten Hersteller und Einzelhändler Hunderte bis Hunderttausende Produkten berücksichtigen müssen, wird deutlich, dass ein allzu wissenschaftlicher Ansatz weder ratsam noch umsetzbar ist.

Die gute Nachricht ist, dass es in der Praxis meist völlig ausreichend ist, mit einem einfachen Rahmen zu arbeiten, der im Laufe der Zeit abgestimmt werden kann.

Erste Schritte

Das Service-Level wird von vielen Einzelhändlern als Teil ihres geistigen Eigentums betrachtet und streng gehütet. Dennoch sollten einige Schätzungen einen guten Ausgangspunkt bieten: Ein typisches Service-Level im Einzelhandel liegt bei 90 %, bei Artikeln mit hoher Priorität sogar bei 95 %. Bei einer Reihe von Kunden haben wir erfolgreich einen sehr pragmatischen Ansatz erlebt, bei dem sie anfänglich von einem einheitlichen Service-Level von 90 % ausgegangen sind und diesen anschließend verbessert und an ihre Bedürfnisse angepasst haben.

Dabei ist es wichtig, die Beziehung zwischen Service-Level und Sicherheitsbestand zu verstehen. Schaubild 1 veranschaulicht diese Beziehung. Wird der Abstand zu 100 % durch zwei geteilt, multipliziert sich der Sicherheitsbestand mal zwei. Wenn zum Beispiel eine Erhöhung des Service-Levels von 95 % auf 97,5 % zu einer Verdoppelung des erforderlichen Sicherheitsbestands führt. Service-Levels, die sich den 100 % nähern, werden sehr schnell extrem teuer, und ein Service-Level von 100 % ist das mathematische Äquivalent zu einem unendlichen Sicherheitsbestand.

Schaubild 1: Verhältnis zwischen Sicherheitsbestand Service-Level

Schaubild 1: Verhältnis zwischen Sicherheitsbestand Service-Level


Die Wahl der Kategorien

Unserer Erfahrung nach reicht es vollkommen, zwischen 3 bis 5 Service-Level-Kategorien zu unterscheiden, die das Produktportfolio von Must-have-Artikeln bis hin zu den Artikeln mit der niedrigsten Priorität abdecken. Als Beispiel haben wir ein dreistufiges System gewählt:

  • Hoch: 95 %
  • Mittel: 90 %
  • Niedrig: 85 %

Kategorisierung von Produkten

Über Produktrankings können Produkte strukturiert und sinnvoll den zuvor definierten Kategorien zugeordnet werden. Zu den häufig allein oder in Kombination verwendeten Rankings gehören Umsatz, Rentabilität, Anzahl der Bestellungen, COGS (Kosten der verkauften Waren).

Beispiel eines Produktrankings nach Umsatz

  • Die oberen 80 % des Umsatzes: Hohes Service-Level
  • Die nächsten 15 % des Umsatzes: Mittleres Service-Level
  • Die nächsten 5 % des Umsatzes: Niedriges Service-Level

Beispiel einer Produktrankings nach Bruttogewinnspanne

  • Die oberen 80 % der Bruttogewinnspanne: Hohes Service-Level
  • Die nächsten 15 % der Bruttogewinnspanne: Mittleres Service-Level
  • Die nächsten 5 % der Bruttogewinnspanne: Niedriges Service-Level

Sobald die Kategorien definiert und die Service-Level zugewiesen sind, bestimmt Lokad den Reorder-Point (einschließlich der Sicherheitsbestände) in Abhängigkeit von diesen Werten. Oft erkennen wir, dass ein großes Potenzial zur Bestandsreduzierung nicht nur durch die Genauigkeit unserer Vorhersage, sondern auch durch die ausgefeiltere Methode und die häufige Aktualisierung des Service-Levels genutzt werden kann.

Wer sich beim Eintrag des Service-Levels in Lokad noch etwas unsicher fühlt, sollte bedenken, dass es nicht wichtig und auch eher unrealistisch ist, einen perfekt abgestimmten Service-Level von Anfang an zu haben. Wichtig ist, dass die neue Sensibilisierung hierauf in Verbindung mit den Prognosen von Lokad und der Analyse der Reorder-Points den Status quo mit großer Sicherheit verbessern wird.