Bestandskontrolle

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Von Joannes Vermorel, Juni 2013

Die Bestandskontrolle umfasst sämtliche die Beschaffung, Lagerung und Zugänglichkeit von Posten unterstützenden Prozesse, wodurch die Verfügbarkeit dieser Posten gewährleistet wird, während gleichzeitig die Lagerkosten reduziert werden. In der Praxis deckt die Bestandskontrolle diverse Aspekte ab, einschließlich dem Bestandsmanagement, der Erfassung von sowohl Menge und Position des jeweiligen Posten, als auch die Optimierung der Supply Chain.

Management vs. Optimierung

Die Bestandskontrolle ist ein weites Aufgabenfeld, das in zwei Hauptbereiche unterteilt werden kann:
  • Das Bestandsmanagement, das aus der Bestandsmanagement-Software der meisten computergestützten Systeme nicht mehr wegzudenken ist. Das Ziel des Bestandsmanagement ist das Erhalten einer hohen Produktivität für alle inventarbezogenen Tätigkeiten.
  • Die Bestandsoptimierung, bei der die Kosten, wie etwa die Lagerkosten pro Posten und Fehlbestandskosten trotz der unsicheren zukünftigen Nachfrage minimiert werden müssen. Das Ziel der Bestandsoptimierung ist die Maximierung des finanziellen Ertrags aus dem Lagerbestand des Unternehmens.
    Während es tatsächlich nur “einen“ Lagerbestand gibt, spiegeln diese zwei Bereich radikal verschiedene Probleme wider, die einzeln angegangen werden müssen.

Bestandsmanagement

Die heutige Form des Bestandsmanagements ist kaum von der unterstützenden Bestandsmanagementsoftware unterscheidbar. Die Software übernimmt das Archivieren einer elektronischen Darstellung des Lagerbestands, die ständig zur sofortigen Beantwortung von Routinefragen herangezogen wird, die anderenfalls eine sehr lange physische Bestandskontrolle erfordert. z. B.: Wie viele Einheiten des Produkt X sind noch vorhanden?

Um präzise elektronische Aufzeichnungen des Lagerbestands führen zu können, müssen alle Lagerbestandsaktivitäten in der Software berücksichtigt werden. In der Praxis werden Dateneinträge durch die Verwendung von Barcodes oder RFID (Radio Frequency Identification; dt.: Geräte mit Funkerkennungschips) extrem beschleunigt. In den meisten modernen Arbeitsumgebungen(1), erfolgt die physische Lagerbestandskontrolle mit robotisierten Systemen. Somit wird der Lagerbestand zu 100 % digital verwaltet. Anders als die Bestandsführung, deren Fokus auf der Bereitstellung einer präzisen finanziellen Darstellung der vom Unternehmen verwalteten Vermögenswerte liegt, ist das Bestandsmanagementsystem handlungsorientiert, um das Unternehmen bei der Bestandsaktivitäten zu unterstützen. Das erste Ziel des Systems ist Produktivität, d. h. die Durchführung aller inventarbezogener Tätigkeiten mit geringstem Zeit- und Arbeitsaufwand. Das zweite Ziel des Systems ist die Bereitstellung einer nachhaltigen Genauigkeit der elektronischen Darstellung des realen Lagerbestands.

Bestandsoptimierung

Der Lagerbestand gibt die Erwartungen an die künftige Nachfrage und die Abwägungen zwischen im Widerspruch stehender Kosten wieder. Ein zu großer Lagerbestand führt zu extrem hohen Lagerkosten. Ein zu kleiner Lagerbestand und somit nicht ausreichenden Mengen führt zu Kosten aufgrund von Fehlbeständen.

Anders als das Bestandsmanagement konzentriert sich die Bestandsoptimierung auf das Treffen der besten Entscheidungen hinsichtlich der Verwaltung des Lagerbestands:
  • Die Entscheidung, wann und wie viel bestellt wird (siehe auch Reorder-Points);
  • Die Entscheidung, wo ein Posten im Unternehmen gelagert wird;
  • Die Entscheidung, welche Posten, wann gezählt werden müssen (siehe auch Scheinbestand);
  • ...

Nachdem die Entscheidung gefallen ist, wird diese über das Bestandsmanagementsystem ausgeführt. Das Managementsystem ist jedoch nicht zwangsläufig für die Entscheidungsfindung oder Unterbreiten von Vorschlägen, die manuell vom Bediener bestätigt werden müssen, zuständig.

Die primäre Herausforderung in der Bestandsoptimierung liegt in der Unsicherheit der künftigen Nachfrage. Da die in der Zukunft liegende Nachfrage unbekannt ist, verlassen sich die meisten Methoden zur Bestandsoptimierung auf Statistiken zum Erstellen von Bedarfsprognosen. Die optimierten Entscheidungen werden als solche berechnet, die die erwarteten künftigen Kosten minimieren.

Manchmal wird die Optimierung durch kombinatorische Probleme noch weiter erschwert. Ein Beispiel hierfür wäre ein Einzelhändler der Nachbestellungen aufgeben möchte, die das noch freie Gewicht und Platz im liefernden LKW optimal ausnutzen, um die Versandkosten zu minimieren. In der Praxis bedeutet dies, die Auswahl der richtigen Kombination aus schweren und sperrigen Posten.

Vergleich der zwei Visionen

Wie bereits erwähnt sind das Management und die Optimierung des Lagerbestands zwei unterschiedliche Probleme. Die nachfolgende Tabelle enthält die wesentlichen Unterschiede zwischen den beiden Standpunkten.

Management Optimierung
Essenz der Software Funktionsorientiert. Mehr Funktionen bedeuten im Regelfall eine höhere Produktivität, da die Software eine umfangreichere Unterstützung für weniger häufig auftretende Situationen bietet. Leistungsorientiert. Die Software wird auf Basis der finanziellen Leistung der von der Software berechneten Entscheidungen bewertet.
Organisatorische Auswirkungen Hoch. Die meisten Bestandsprozesse des Unternehmens werden direkt von der Software strukturiert. Low. Bestandsprozesse sind bereits vorhanden; das Systeme unterbreitet lediglich Alternativen.
Funktionsbereitschaft Echtzeit. Fällt die Software aus, kann das Unternehmen seinen Lagerbestand nicht mehr verwalten. Offline. Die meisten Bestandsentscheidungen werden lediglich einmal, manchmal zweimal pro Tag getroffen; Entscheidungen können in Bündeln erstellt werden.
Berechnungsaufwand Niedrig. Die Software muss ausschließlich physische Warenbewegungen mit deren Auftreten wiedergeben, was im Vergleich mit der Verarbeitungsleistung eines modernen Computers äußerst langsam erfolgt. Hoch. Die Software muss Simulationen oder Äquivalenten erstellen sowie die gesamte Datenhistorie mehrfach und häufig neu bearbeiten, um Optimierungen durchführen zu können.
Kosten einer Änderung Hoch. Da sämtliche Prozesse um die Software herum strukturiert sind. Da die Software den ''Zustand'' des Lagerbestands wiedergibt, ist es eher unpraktisch nebeneinander bestehende Systeme zu verwenden, da die Bestandsaufzeichnung schnell abweichen können. Niedrig. Mehrere Systeme können gleichzeitig verwendet werden, vorausgesetzt es wird ein ''entsprechender Anwendungsbereich'' für jedes System festgelegt. Es ist durchaus möglich langsam von einem System auf das nächste umzustellen.

Lokad hat die Lösung

Bisher haben sich ERPs als monolithische Lösungen herausgestellt, die sowohl Probleme im Bestandsmanagement als auch in der Bestandsoptimierung angehen. Wie jedoch bereits im vorherigen Abschnitt ausgeführt, unterscheidet sich die Zusammensetzung für eine gute Bestandsmanagementsoftware erheblich von den Bestandteilen für eine gute Bestandsoptimierungssoftware. Infolgedessen können wir beobachten, dass Unternehmen, die eine monolithische Lösung anwenden, entweder unter schlechtem Management oder unzureichender Optimierung leiden, wobei letzteres häufiger der Fall ist.

Das Problem wird durch das Tempo der Veränderungen in der Softwareindustrie noch verstärkt. Bestandsmanagementsoftwares bleiben einem von Natur aus eher lang erhalten: Einmal eingeführt, sind die Kosten für einen Wechsel so hoch, dass es oftmals bis zu einem Jahrzehnt dauern kann, bis ein vollständiger Übergang zu einer alternativen Lösung in großen Unternehmen umgesetzt werden kann. Obwohl die Verzögerung in kleineren Unternehmen kürzer ist, ist ein Wechsel über mehrere Jahre keine Seltenheit. Das bedeutet, dass viele Unternehmen Managementsoftware betreiben, die ein oder gar zwei Jahrzehnte alt sind und somit die Vorteile neuerer, besserer Lösungen, die aktuell auf dem Markt erhältlich sind, nicht nutzen können. Da die Kosten jedoch zu hoch sind, kann nur wenig unternommen werden.

Die Bestandsoptimierung verursacht im Vergleich weniger Probleme im Bereich des Kostenaufwands für einen Wechsel. Im Regelfall ist es möglich mehrere Systeme zu betreiben, wobei jedes dieser Systeme seine eigenen Vorschläge unterbreitet (z. B.: eine Liste der nachzubestellenden Posten). Hier muss jedoch eine Methode zu Festlegung des Zuständigkeitsbereichs eines jeden Systems eingeführt werden.

(1) Kiva Systems produziert beispielsweise Auftragsabwicklungssysteme, die mobile Roboter einsetzen.