von Joannes Vermorel, Februar 2012Update (2019): der in diesem Artikel vorgestellte Ansatz ist teilweise etwas überholt. In diesem Artikel wird die klassischen Prognose-Perspektive eingenommen, während es stattdessen passender wäre, die
probabilistische Vorhersage in Betracht zu ziehen, da diese in praktisch allen Supply-Chain-Situationen bessere Ergebnisse erzielt. Insbesondere wird die finanzielle Perspektive der Prognose besser über Ansätze wie der
Bestands-Belohnungsfunktion berücksichtigt.
Präzisere Bedarfsprognosen erzielen Einsparungen im Bereich des Lagerbestands. Dieser Artikel bestimmt Ersparnisse für
Lagerbestände mit Umschlägen unter 15 quantitativ. Wir nehmen einen Standpunkt ein, bei der die zusätzliche Genauigkeit ausschließlich zur Verringerung des Lagerbestands verwendet wird, während die Fehlbestandsquoten unverändert bleiben.
Für Lagerbestände mit
höherem Lagerumschlag schlagen wir vor, unsere
alternative Einspar-Formel zu nutzen, bei der die zusätzliche Genauigkeit für die Verringerung der Fehlbestandsraten verwendet wird, während der Lagerbestand unverändert bleibt.
Die Formel
Ein detaillierter Nachweis folgt weiter unten. Zuerst möchten wir uns mit dem Endergebnis beschäftigen. Wir möchten Ihnen folgende Variablen vorstellen:
- $V$ der Gesamtbestandswert
- $H$ die jährlichen Lagerkosten (Prozentsatz), die die Summe aller mit dem Lagerbestand verbundenen Unstimmigkeiten respräsentiert.
- $\sigma$ der Prognosefehler des vorhandenen Systems, ausgedrückt in der Einheit MAE (Mean Absolute Error = Mittlerer absoluter Fehler). Die Definition dieser Maßeinheit finden Sie weiter unten.
- $\sigma_n$ der Prognosefehler des neuen bewerteten Systems (hoffentlich niedriger als $\sigma$).
Der Jahresgewinn $B$ der Anpassung der Prognosen wird entsteht durch:
$$B=V H \left(\sigma - \sigma_n \right)$$
Einheit MAE
Die hier vorgestellte Formel funktioniert, so lange Fehler über den Zeitraum der
Durchlaufzeit berechnet werden und unter Rücksichtnahme auf den Gesamtumsatz während der Durchlaufzeit einem Prozentsatz gleichgestellt werden.
Obowhl der während der Durchlaufzeit berechnete MAPE (Mean Absolute Percentage Error = Prozentsatz des absoluten Fehlers des Erwartungswertes) dieser Definition entsprechen würde,
raten wir dennoch stark davon ab, MAPE hier zu verwenden. Tatsächlich gibt der MAPE unregelmäßige Messwerte, wenn Artikel mit einer niedrigen Umschlagshäufigkeit im Lagerbestand vorhanden sind. Da wir uns hier mit Lagerbeständen mit einem niedrigem Umschlag befassen, sind Artikel mit einer niedrigen Umschlagshäufigkeit mit ziemlicher Sicherheit vorhanden.
Um die
Einheit MAE (d. h. einem Prozentsatz entsprechend) zu berechnen, benötigen wir:
- $y_i$ die tatsächliche Nachfrage nach einem Artikel $i$ für die Dauer der Durchlaufzeit.
- $\hat{y}_i$ die Bedarfsprognose des Artikels $i$ für die Dauer der Durchlaufzeit.
Um eine konsistente Bewertung erzielen zu können, gehen wir davon aus, dass das selbe Startdatum $t$ für alle Artikel verwendet wird. Für mehrere Artikel $i$, könnte die Formel für die Einheit MAE folgendermaßen lauten:
$$\sigma = \frac{\sum_i |y_i - \hat{y}_i|}{\sum_i y_i}$$
Dieser Werst ist
gleichwertig mit einem Prozentsatz und verhält sich im Wesentlichen wie die Einheit MAE. Im Gegensatz zum MAPE, wird diese Einheit nicht negativ von Waren mit niedriger Umschlagshäufigkeit beeinflusst, d. h. Artikel bei denen für den betrachteten Zeitraum gilt: $y_i = 0$
Praxisbeispiel
Man nehme ein großes Einzelhandelsnetzwerk für professionelle Ausstattung aus dem B2B-Sektor, das den realtiven Prognosefehler durch ein neues Prognosesystem um 20% reduzieren kann.
- $V = 100.000.000$ € (100 Millionen Euro)
- $H = 0,2$ (20% jährliche Friktionskosten des Lagerbestands)
- $\sigma=0,2$ (altes System: 20% Fehlerquote)
- $\sigma_n=0,16$ (neues System: 16% Fehlerquote)
Basierend auf oben genannter Formel, erhalten wir einen Zuwachs von $B=800.000$€ pro Jahr.
Nachweis der Formel
Um die hier gennanten Ergebnisse zu beweisen, führen wir einen
systematisch sinkenden Fehlerwert von $\sigma - \sigma_n$ Prozent bei allen vom neuen Prognosesystem erstellten Prognosen ein. Durch Einführung des Fehlerwerts:
- erhöhen wir die Fehlerquote aller Unterprognosen mit $\sigma - \sigma_n$ Prozent.
- erhöhen wir die durschnittliche Fehlerquote von Überprognosen (die Quantifizierung bleibt jedoch unklar).
Durch Nichtbeachten der Verbesserung den der Fehlerwert für Überprognosen mit sich bringt, lässt sich erkennen, dass im schlimmsten Fall die Genauigkeit des neuen - und nun vorbelasteten - Prognosesystems um $\sigma - \sigma_n$ Prozent heruntergesetzt wurde, was zu einer Gesamtgenauigkeit führt, die kleiner oder gleich $\sigma$ ist.
Dann können wir feststellen, dass der gesamte Lagerbestand $V$
proportional Leitnachfrage entspricht. Dies wird deutlich, wenn ein
Sicherheitsbestandmodell für die Festlegung des Lagerbestands verwendet wird, trifft jedoch auch auf alternative Methoden zu.
Durch Absenken der Prognosen um $\sigma - \sigma_n$ Prozent, wird gleichzeitig der Lagerbestandswert $V$ reduziert. Da die Genauigkeit des vorbelasteten Systems niedriger als $\sigma$ bleibt, sollte die Häufigkeit der Fehlbestände ebenfalls unterhalb der Quote des alten Systems bleiben.
Somit konnten wir beweisen, dass es basierend auf einer präziseren Prognose möglich ist, einen niedrigeren Lagerbestand von $\sigma - \sigma_n$ Prozent aufzubauen, der höhere Fehlbestände verursacht, da Prognosen besser als oder gleichwertig (im Bezug auf die Genauigkeit) zu den Prognosen des alten System sind.
Von daher entspricht der Lagerabbau: $V \left(\sigma - \sigma_n \right)$. Berücksichtigt man die gesamten Jahresfriktionskosten $H$, führt diese Reduktion zu Ersparnissen gleichwertig mit: $B=V H \left(\sigma - \sigma_n \right)$.
Irrtümer über Lagerkosten
Die Variable $H$ sollte
sämtliche Friktionskosten aus dem Besitz von Lagerbestand enthalten. Ein häufig vorkommender Irrtum ist die Angabe, dass der Wert von $H$ zwischen 4% und 6% beträgt, was jedoch ausschließlich den Kosten für die Finanzierung des Betriebskapitals entspricht.
Es ist einfach Kapital in Lagerbestand umzuwandeln. Die Herausforderung ist, den Lagerbestand wieder in Kapital zu verwandeln.
Berücksichtigt man ausschließlich die genauen finanziellen Kosten, unterschätzt man die wahren Kosten des Lagerbestands immens:
- Das Lager an sich verursacht jährlich circa 2% bis 5% zusätzliche Gemeinkosten.
- Verwaltungskosten machen pro Jahr 10% bis 20% für nahezu alle hergestellten Produkte aus.
Somit entsprechen jährliche Gemeinkosten von 20% einem eher vorsichtigen Friktionsprozentsatz für die meisten fertigen Produkte des Lagerbestands.
Lokad hat die Lösung
Für Lagerbestände mit niedriger Umschlagshäufigkeit liefern native
Quantil-Prognosen gewöhnlicherweise die besten Ergebnisse bezüglich der Genauigkeit. Tatsächlich erzielen klassische
Durchschnittsprognosen eher schlechte Ergebnisse, wenn es um die diskontinuierliche Nachfrage geht.