Von Joannès Vermorel, Oktober 2015Die Auftragserfüllungsrate stellt den Anteil der Nachfrage der Kunden dar, der durch die unmittelbare Verfügbarkeit, ohne Rückstände oder entgangene Verkäufe, gedeckt werden kann. Die Auftragserfüllungsrate unterscheidet sich vom
Service-Level Indikator. Für Fachkräfte ist die Auftragserfüllungsrate bedeutend, da sie den Anteil der Nachfrage darstellt, der wahrscheinlich durch eine mögliche Verbesserung der Bestandsleistung gewonnen werden könnte. Die Austragserfüllungsrate wird empirisch mit dem Durchschnitt der korrekt ausgeführten Aufträge bzgl. der Gesamtzahl an Aufträgen gemessen.
Auftragserfüllungsrate und Service-Level sind unterschiedlich
Oft wird der Service-Level mit der Auftragserfüllungsrate oder auch andersherum irrtümlich verwechselt. Doch diese Indikatoren sind numerisch unterschiedlich. Obwohl beide Indikatoren korrelieren, gibt es oft Alltagssituationen, in denen sich ein hoher Service-Level nicht in einer hohen Auftragserfüllungsrate widerspiegelt, oder andersherum. Sollte Fälle treten vor allem bei geringer Nachfrage auf (wie bei Ersatzteilen), oder bei schwankender Nachfrage (wie bei Büchern) auf.
Beispiel: Nehmen wir einen Buchhändler her, der Schulbücher verkauft her. Wir gehen davon aus, dass durchschnittlich 19 von 20 Anfragen von einzelnen Schülern kommen, die ein einziges Exemplar des Buches benötigen. Zusätzlich hierzu wird 1 von 20 Anfragen von einem Lehrer gestellt (es geht weiterhin nur um den Durchschnitt), der für seine Klasse 20 Exemplare benötigt. Wenn der Buchhändler 10 Bücher vorrätig hat und wir davon ausgehen, dass die Durchlaufzeit sehr kurz ist, würde der Service-Level 95 % (19/20=0,95) betragen, da alle Schüler ihre Bücher erhalten. Doch die Anfrage des Lehrers würde systematisch abgelehnt werden, da der Vorrat nie ausreichen würde, um die ganze Klasse mit Büchern zu versorgen. Daher läge in diesem Fall die Auftragserfüllungsrate bei etwa 50 % (19/(19+20)≈ 0.5), da die Anfrage des Lehrers etwas über die Hälfte der gesamten Nachfrage ausmacht.
Formale Definition
Zur Erläuterung der entsprechenden Definitionen von Auftragserfüllungsrate und Service-Level, ist ein gewisser Grad an Formalismus notwendig. Sei $X$ eine Zufallsvariable, die die Nachfrage während des nächsten Zyklus' darstellt. Sei $s$ der bestehende Bestand, d.h., die Menge an Bestand, die zur Ausführung der eintreffenden Aufträge bereit steht.
Der Service-Level $\tau_1$ wird, wie folgt, geschrieben:
$$\tau_1(s) = \mathbf{P}(X \leq s)$$
Die Auftragserfüllungsrate $\tau_2$ wird, wie folgt, geschrieben:
$$\tau_2(s) = \frac{\mathbb{E}[\text{min}(X,s)]}{\mathbb{E}[X]}$$
Tatsächlich stellt $\text{min}(X,s)$ die Einschränkung dar, die der bereitstehende Bestand auf die Mengen der Aufträge ausübt, die ohne Verzug ausgeführt werden können. Liegt der Wert der aktuellen Nachfrage $x$ unter $s$, dienen $x$ Einheiten zur Erfüllung der Aufträge ohne Verzug, andernfalls dienen nur $s$ Einheiten zur Erfüllung der Aufträge ohne Verzögerung.
Berechnung der Auftragserfüllungsrate mit Envision
Lokad bietet die Möglichkeit, eine probabilistische
Bedarfsprognose zu berechnen. Das Ergebnis der Prognose ist eine
Wahrscheinlichkeitsverteilung, die über eine eigene Funktion, der sogenannten
fillrate()
, in eine Verteilung der Auftragserfüllungsraten, wie folgt, umgewandelt werden kann:
Demand = call forecast.demand( ... ) // Ausschnitt aus dem Code
FR = fillrate(Demand)
Die Variable
FR
ist auch eine Wahrscheinlichkeitsverteilung und stellt die geringfügige Steigerung der Auftragserfüllung dar. In anderen Worten, enthält
FR
den geringfügigen Beitrag jeder zusätzlich im Lager gehaltenen Einheit zur Erfüllung des künftigen Bedarfs.