von Joannès Vermorel, März 2014Im Handel bezieht sich eine Preisoptimierungssoftware – auch Repricer genannt – auf eine Lösung zur automatischen Neuberechnung von Preisen aller zum Verkauf stehenden Artikel unter Berücksichtigung der Marktbedingungen. Repricer sind üblicherweise stark von Konkurrenzspionagetools (Competitive Intelligence Tools) zur Erfassung der Preise der Wettbewerber abhängig.
Pricer vs. Repricer - eine Frage der Automatisierung
Das Wort
Repricer weist darauf hin, dass die Preise des Händlers wesentlich häufiger als normalerweise im Rahmen der manuellen Preisgestaltung üblich aktualisiert werden. Viele Repricer berechnen nicht nur neue Preise, sondern veröffentlichen diese Preise auch auf mehreren Kanälen (Amazon, Rakuten, Play.com usw.). Der erwartete Vorteil ist das Anbieten von Einzelhandelspreisen, die viel stärker an die quasi Echtzeit-Marktbedinungen angeglichen werden, während gleichzeitig der erforderliche Personalbedarf zur kontinuierlichen Überwachung der Konkurrenz reduziert wird.
Typologie der Preisoptimierungslösungen
Da die Preisgestaltung neben der
Bestandskontrolle ein Grundpfeiler des Handels ist, sind auf dem Markt Dutzende von Preisoptimierungslösungen zu finden. In diesem Abschnitt stellen wir eine kleine Typologie der auf dem Markt erhältlichen Lösungen auf.
Management vs. Optimierung
Der Fokus des Preismanagements liegt auf einem
Stammsatz aller Preise, der üblicherweise auch alte Preise enthält, sowie auf der Synchronisation aller Kanäle mit diesem Stammsatz. Diese Synchronisation kann bei Nutzung vieler Kanäle (Online-Shop des Händlers, beliebte Online-Marktplätze usw.) schnell komplex werden.
Die Optimierung von Preisen ist ein weitaus stärker analytisch ausgerichteter Prozess, dessen Ziel
die Maximierung von sowohl kurzfristigen als auch langfristtigen Einkünften und Gewinnen ist. Das Management dieser Preise und deren Optimierung können in einer Software vereint werden. In der Praxis sind diese beiden Verfahren jedoch sehr unterschiedlich. Durch Trennen der beiden Prozesse erhält man eindeutig mehr Flexibilität bei der Implementierung und Überarbeitung der Preisgestaltungsstrategien.
White-Box- vs. Black-Box-Lösungen
Der Schwerpunkt einer White-Box-Lösung liegt auf durch den Händler ausgearbeiteten Preisgestaltungsstrategien. Hierbei behält der Händler die
volle Kontrolle über jeden Preis. Der Hauptvorteil dieser Methode besteht darin, dass der Händler die Möglichkeit erhält sein unternehmensinternes Marktwissen in die Preise einfließen zu lassen. Dieses Know-how steht dem Softwareanbieter nicht zur Verfügung. Dieser Ansatz erfordert jedoch einen höheren Arbeits- und Zeitaufwand seitens des Händlers.
Der Schwerpunkt einer Black-Box-Lösung liegt auf der Automatisierung und rein quantitativen Optimierung. Der Anbieter der Repricer-Lösung ist hierfür zuständig. Der Händler profitiert vom Expertenwissen des Anbieter, das möglicherweise umfassender ist als das eigene Know-how sowie von einem
hoch automatisierten System mit geringem Personalaufwand. Der wohl größte Nachteil dieser Methode ist die fehlende Differenzierung vom Wettbewerb, der wahrscheinlich ähnliche allgemeine Tools einsetzt.
Regelorientierter vs. Programmatischer Ansatz
Der Schwerpunkt eines regelorientierten Preisgestaltungssystems liegt auf
einfachen, auf Basis von vorgefertigten Vorlagen, entwickelten Strategien. Der Händler kann sich für die Anwendung bestimmter Regeln entscheiden und diese entsprechend auswählen. Der Hauptvorteil dieser Methode besteht in der Einfachheit der Anwendung. Dieser Ansatz konzentriert sich jedoch auch auf einfache Strategien, die hauptsächlich auf wenigen Eingabevariablen basieren, wie z. B. Preise des preisgünstigsten Wettbewerbers.
Der Schwerpunkt eines programmatischen Systems liegt in der Regel auf einer Skript- oder Programmiersprache, um
beliebig komplexe Preisstrategien zu formulieren. Dieser Ansatz verleiht den Händlern deutlich mehr Spielraum, um ihr Marktwissen in die Preise einfließen zu lassen. Jedoch setzt ein programmatischer Ansatz, im Vergleich zum regelorientierten Ansatz, einen gewissen Aufwand voraus, um die entsprechenden Technologien einsetzen zu können.
Rein wettbewerbsorientierter vs. ganzheitlicher Ansatz
Eine rein wettbewerbsorientierte Strategie ist eine Preisgestaltungsstrategie, deren Fokus
gewissermaßen ausschließlich auf wettbewerbsfähigen Preisen liegt, um die überarbeiten Preise zu berechnen. Diese Art der Preisbildung findet man hauptsächlich im eCommerce. Da tatsächlich alle Preise aus Online-Shops eingesehen werden können, benötigt eine Preisoptimierungssoftware, die sich ausschließlich mit wettbewerbsorientierten Strategien befasst, einen geringen IT-Aufwand, da sogar das Importieren der Verkaufshistorie des Händlers (oder sonstiger Daten) entfällt, um neue Preise zu berechnen.
Im Gegensatz hierzu versucht eine ganzheitliche Preisgestaltungsstrategie
alle relevanten Datenquellen zu nutzen und beschränkt sich nicht auf die Preise des Wettbewerbs, um neue Preise zu berechnen. Bei diesem Ansatz werden die Verkaufshistorie, Kundentreuedaten, Lagerbestände, Online-Verkehr, Umrechnungskurse usw. genutzt. Es werden so viele Datenquellen wie möglich genutzt, um die Preisgestaltungsstrategie zu optimieren. In der Praxis entsprechen ganzheitliche Preisgestaltungsstrategien wohl am ehesten dem Vorgehen eines tatsächlichen Marketingexperten. Die Implementierung ist jedoch kostenintensiver, da verschiedene Datenquellen benötigt werden.